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Welcome to my blog. This is a place where I think out loud, show you what I’m up to in the studio, share impressions of inspiring events or everyday moments that moved me. Some entries are carefully curated essays, others are just a few thoughts, sometimes written in English and sometimes in German.

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Nora Kovats Nora Kovats

2022 Rückblick

 Zweitausendzweiundzwanzig. Ein Jahr wie ein Karussell: voll, bunt, wirbelnd, viel zu schnell, und abwechslungsreich. In diesem Rückblick möchte ich nochmal einige der wichtigsten Erlebnisse revue passieren lassen.

Rückblick 2022

Ein Rückblick über das bunte, bewegte Jahr 2022.
Auf Deutsch.

 Zweitausendzweiundzwanzig. Ein Jahr wie ein Karussell: voll, bunt, wirbelnd, viel zu schnell, und abwechslungsreich. In diesem Rückblick möchte ich nochmal einige der wichtigsten Erlebnisse revue passieren lassen.

Da im Januar fast nichts in Bamberg passiert (alle erholen sich noch von der Weihnachtszeit), und noch weniger in der zeitgenössischen Schmuckszene, nutzten wir diese Zeit, zu meiner Familie in den Süden zu flüchten. Unsere Südafrikareise war von traumhaft schönen Naturszenerien, kostbarer Zeit mit meiner Familie und bürokratischen Kämpfen geprägt.

An der Küste begegne ich immer meinem inneren Kind; diesem energiegeladenen, endlos zu begeisterndem Wesen, dass in die Gezeitentümpel eintaucht, dass unter Wasser atmen kann, in der Luft schwimmen und zwischen den Sternen tanzen.

Seeanemonen und anderes Getier zieren die Gezeitentümpfel an der Felsenküste von Hermanus. Einen ausführlicheren Einblick in diese Reise gibt es in meinem Blogeintrag zu diesem Thema.

Alvaro sammelt während einer Wanderung oben auf dem Tafelberg schneeweißen Sand - der später in diesem Jahr zum Einsatz kommen soll. Anders als vielleicht erwartet ist es oben auf dem Tafelberg überhaupt gar nicht flach, sondern hügelig, mit verschiedenen Mikroklimazonen und Ökosystemen, und es gibt sogar Stauseen dort oben.

Zurück in Bamberg erscheint in der Märzausgabe des Stadtecho ein Artikel über uns und unser Atelierprojekt NONNE 11.

Und es wird Frühling! Wer mich kennt, weiß, wie sehr mich die Jahreszeiten prägen, wie ich das Wachsen, Blühen und Sterben der Natur jährlich aufs Neue miterlebe, mitfühle. Die ersten Blüten im Frühling, das Vogelkonzert, das Hellerwerden der Tage löst in mir eine gewaltige Dopaminausschüttung aus.

 Zum Jaresbeginn zeigten Alvaro und ich im Rahmen der Europäischen Tage des Kunsthandwerks in unserem Atelier einige Handwerkstechniken: Es gab Vorführungen zu den Themen Emaillieren, Patinieren und Sandguss. Dabei war es unsere Absicht, diese traditionsreichen Handwerkstechniken wirklich erlebbar zu machen: Wir wollten die Geschichten hinter der Faszination Handwerkskunst erzählen und herausarbeiten, warum dieser Schaffensprozess uns Menschen so tief berührt.

In eigener Praxis arbeitete ich zwischendurch an besonderen Stücken, an üppigen Emaillecolliers, Statement-Ohrringen und Broschen für kommende Verkaufsausstellungen, Messen und Wettbewerbe.

Eine Symphonie aus Blautönen und Süßwasserperlen wie Sylphen-Tränen entsteht auf meinem Arbeitstisch. Das Collier ist momentan in der Galerie Pasori in Bad Homburg erhältlich.

Ich, und die Emaillefarben, und das Hörbuch. Mit Hörbüchern und Lieblingspodcasts tauche ich stundenlang in einen Flowstate, in dem ich weder das Vergehen der Zeit noch Müdigkeit spüre, auch wenn ich die ganze Zeit auf den Beinen bin.

Im Hain gibt es jetzt Bärlauch; mein Interesse an essbaren Wildpflanzen kann sich endlich voll entfalten, denn außer Brennnesseln und zaghaften grünen Frühlingsblättern für den Salat gibt es endlich “echtes” Wildgemüse draußen. Seit einigen Jahren schon fasziniert mich das Thema, aber erst hier in Bamberg finde ich gute Sammelorte, die mir nicht von Tieren und Menschen verseucht scheinen.

Alvaro präsentierte eine Vorführung zum Thema Patina. Dabei wird Schwefelleber langsam in Wasser aufgelöst und über einer Flamme erhitzt. Darin werden Schmuckstücke aus Silber bläulich-schwarz gefärbt.

Zu den Europäischen Tagen des Kunsthandwerks zeigte ich in einer Emaillevorführung, was mich an dieser alten Schmucktechnik so fasziniert. Mehr dazu habe ich hier in diesem Blogeintrag übers Emaillieren geschrieben.

Der schwiegermütterliche Garten, verwunschen, mit dunklen Nadelbäumen und hellen Tulpenfarbpunkten, in all seiner Oster-Pracht.

Zu Christi Himmelfahrt findet jedes Jahr das Haxthäuser-Hof Schmucksymposium statt (ehemals Zimmerhof). Hier treffen sich Jung und Alt der zeitgenössischen Schmuckszene zum Austausch. Dieses viertägige Event (das auf Englisch stattfindet) ist inzwischen recht international besucht; Referent:innen und Besucher:innen kamen aus den USA, Belgien, Australien, Dänemark, Holland, Ungarn und natürlich aus dem deutschsprachigen Raum. Es gibt Vorträge von Schmuck-Experten diversester Hintergründe und Themenbereiche, dazu werden alle Anwesenden wunderbar bekocht und abends laden Bar, Lagerfeuer und Tanzboden zum weiteren Austausch ein. Die kreativen Batterien werden wieder neu aufgeladen.

Der Schmucktisch: Ein Highlight des Symposiums. Hier legen alle Teilnehmenden, die möchten, ein selbst gefertigtes Schmuckstück auf einen langen weißen Tisch. So kann jeder sich ungezwungen Feedback zur eigenen Arbeit erfragen, oder andere Arbeiten sehen und sich an der Fülle der geballten Kreativität ergötzen.

Im Juni feierten wir unser einjähriges Bestehen als NONNE 11 mit einer Sommerausstellung - für uns in dieser Zeit, geprägt von Corona, Krieg, Inflation und allgemeiner Entropie, doch ein bedeutender Meilenstein. Durch Zufall ergab sich eine wunderbare Kooperation mit dem Bamberger Komponisten Jochen Neurath, der eigens für den Atelierraum das experimentelle Konzert KOSMOS/WELLEN für Kontrabassklarinette und Kontrabass schrieb.

Jochen bei einer Probe im Atelier NONNE 11: Es entsteht ein spannungsvoller, mit den Erwartungen der Zuhörer spielender Dialog zwischen den beiden Musikern.

Alvaro und ich mit Jochen Neurath und den beiden Musikern, die dieses Musikprojekt verwirklicht haben: Marc Lardon auf der Kontrabassklarinette und Stephan Goldbach auf dem Kontrabass.

In dieser Zeit perfektioniert Alvaro seine Ringkollektion Terra et Ignis. Dabei ist jeder Ring, aus Erde und Feuer geboren, ein Einzelstück, manchmal sogar mit direkt eingegossenem Stein. Dafür können nur Steine verwendet werden, die den enormen Hitzeschock des flüssigen Metalls auch aushalten: Rubine, Saphire und Diamanten. Edelsteine finden wir inzwischen fast ausschließlich über Unternehmen, die sich auf fair gehandelte Steine spezialisieren oder Altbestände wieder in Umlauf bringen. Eine besonders inspirierende Schatzkammer haben wir bei David Feulner von der Firma Robert Schütt Witwe in Pforzheim entdeckt. David besuchte uns hier im Atelier NONNE 11 und erzählte in einem Artist Talk Geschichten über Edelsteine. Die Firma Schütt verkauft nur noch wiederverwertete Edelsteine aus Altbeständen, teilweise auch neu geschliffen. Das Motto lautet: No more mining!

Dieser Sommer war eine Saison der Feste: Ausstellungen, Hochzeiten, Abschlüsse und Neuanfänge.

Meine Cousine Manu spielte ihr Uni-Abschlussexamen auf der Borockgeige in Utrecht, mitten im botanischen Garten.

Zwischen allen Feierlichkeiten gab es einen Messeauftritt für mich auf der “Handwerk & Design” in München. Wegen einiger coronabedingter Ausfälle war die Messe, die normalerweise im März zeitgleich mit der Munich Jewellery Week stattfindet, zum ersten Mal im Sommer. Trotz trauriger Besucherzahlen war es doch ein erfolgreiches Messeerlebnis mit vielen guten Begegnungen. Hier bin ich mit einem Hut meiner Standnachbarin Nada Quenzel zu sehen.

Foto von Rainer Wiencke.

Die Wochen zwischen Ausstellungen und Messen nutzen wir zum weiteren Ausbauen unserer Kollektionen. Wir schaffen im Atelier… ich arbeite an meiner Emailletechnik, sammle Farben, Alvaro experimentiert im Sandguss und arbeitet an seiner Memorabilia-Kollektion.

Meine Emaillefarben dokumentiere ich gerne mit Farbmustern, sodass ich einen Überblick behalte, welche Farben und Farbkombinationen möglich sind. Oft hilft ein Blick auf die Farbpalette, genau den richtigen Rotton oder das perfekte Grün für ein bestimmtes Projekt zu finden.

Zwischendurch gibt’s selbstgemachtes Crème Brûlée; der Gasbrenner ist bei uns vielseitig einsetzbar.

Im Juli/August bekommen wir beide ein Stipendium des Freistaats Bayern „Junge Kunst und neue Wege“, jeweils mit 5000 € dotiert. Es ist eine Ehre und eine Erleichterung, kreative neue Projekte entwickeln zu können, ohne direkt an ihre Verkäuflichkeit denken zu müssen. Alvaro entwickelt seine Memorabilia-Kollektion, verbringt Stunden mit dem Sortieren und Komponieren getrockneter Pflanzen. Ich zeichne Entwürfe für eine neue Kollektion; sie soll plastischer, dreidimensionaler, vielschichtiger als die bisherige Arbeit sein. Dazu experimentiere ich mit Emailletechniken, versuche dabei taktilere Oberflächen und emotional ausdrucksstarke Farbkombinationen zu finden, um anhand der Experimente eine neue Kollektion zu entwickeln. Als Prototyp entsteht momentan ein Statement-Collier, das wie ein tragbarer Paradiesgarten, ein atmendes Ökosystem aus Fungi, Ranken, Blüten und Knospen, fast lebendig wirken soll. Der Januar und Februar 2023 - mit weniger Ablenkung von Außen und mehr Luft zum kreativen Arbeiten - soll komplett dem Projekt gewidmet sein.

Sommer! Ein ganz alltäglicher Wiesenstrauß schmückt den Küchentisch und lässt mich immer wieder staunen, welch üppige Vielfalt auf einigen wenigen Quadratmetern zu finden ist. An Wochenenden oder lauen Sommerabenden treibt es mich ins Bamberger Umland, und ich erkunde die Wanderwege um die Altenburg, die Pfade, die den Michelsberger Wald kreuzen, oder den Hain bis über Bug in den Bruderwald auf endlosen Spaziergängen. Beim Gehen fällt mein Denken in einen tranceartigen Zustand, in dem ich nicht nur viele Probleme durchdenke, sondern auch oft eine Art gedankliches Reinigungsgefühl und einen tiefen inneren Frieden empfinde.

Es entstand bläulich-florales Geschmeide: aufwendig emaillierte Ohrhänger mit Tahitiperlen und blassgelben Diamanten im Rosenschliff. Diesmal für keine Kundin, sondern für mich selbst, als Hochzeitschmuck.

Auf der benachbarten Baustelle wurde ein Schutthaufen, auf dem schon seit Monaten die schönsten Sonnenblumen halb wild wuchsen, umgegraben, die Blumen achtlos beiseite geworfen. Ich beobachtete das Massaker aus dem Küchenfenster und lief natürlich sofort rüber. Danach zierten drei gigantische Sonnenblumensträuße eine Zeitlang unsere Wohnung. Die Tasse - meine tagtägliche Kaffeetasse aus der niemand außer mir trinken darf - hat meine Großmutter getöpfert.

Zum Thema Trauringe: gar nicht so einfach, sich zu entscheiden. Unsere, jeweils füreinander gefertigt, sind aus 900er Gold mit einem rötlichen Schimmer, wie die letzten rotgoldenen Strahlen der untergehenden Sonne, Golden Hour. Die Ringe sind im Sandguss hergestellt, mit selbst gesammelten Sanden vom Tafelberg in Kapstadt und vom Walberla in der Fränkischen Schweiz - symbolisch für unsere jeweiligen Heimatsorte.

Im September besiegelten Alvaro und ich unser Beisammensein formell. Unser Hochzeitsfest, ein Sonne-und-Mond-Zeremoniell, fand im kleinen Rahmen statt. Ein besonderes und intensives Wochenende, voller kostbarer Augenblicke, Bubbles, Lachen, Anspannung, den besten Wünschen, fränkischen Brotzeiten, südafrikanischen Weinen, und vielen emotionsgeladenen Begegnungen. Und da war der Birnbaum im Garten unserer Feierlocation, blühend im September, wie eine Schneekönigin, ganz in der falschen Jahreszeit, vielleicht eine Notblüte wegen der großen Trockenheit im Sommer, vielleicht auch einfach extra für uns als Geschenk des Himmels.

Unsere Trauung konnte - gerade in einer dramatisch beleuchteten Regenpause - unter freiem Himmel stattfinden. Danke Jonas für das Foto.

Es gab noch ein paar kostbare Tage gemeinsam in Bamberg mit Mutter und Bruder, die speziell für die Hochzeit aus Südafrika angereist waren - dann gings wieder in den Alltag über, und zwar in die Vorbereitung der anstehenden Messen.

Am 3. Oktober fand zum ersten Mal seit der Pandemie wieder der Bamberger Antikmarkt statt. Ich bedauerte, nicht kleiner zu sein, bzw. dieser Marienkäfer nicht größer.

Im Oktober verbanden wir zwei Messeauftritte in Berlin und Leipzig an aufeinanderfolgenden Wochenenden zu einer zweiwöchigen Messetour. Ich stellte auf der Zeughausmesse aus, mit Alvaro als Wingman (bei meinem 4-Meter-Stand eine Notwendigkeit). Zum ersten Mal fand die Zeughausmesse nicht im Deutschen Historischen Museum Berlin statt. Wegen größerer Renovierungsmaßnahmen im Museum kann die Messe dort nicht mehr stattfinden, und so haben die Veranstalter im KühlhausBerlin eine geeignete Alternative gefunden. Die Zeughausmesse, wie sie im Zeughaushof des DHM stattfand, war bestimmt beeindruckend mit der hohen Glasdecke, den steinernen abgeschlagenen Köpfen von besiegten Feinden, und dieser feierlich-formellen Aura des Historischen. Aber die Messe dort war auch ein wenig festgefahren, eingeengt von den Grenzen des Raums und den Erwartungen des Museumspartners. Mit seinem industriellen Ambiente und einer mehrstöckigen offenen Galerie schafft das Kühlhaus - finde ich - den perfekten Raum für eine Messe, die zeitgenössisch sein will, die sich an den neuesten Strömungen der Angewandten Kunst orientieren will.

Meine persönliche Messeerfahrung auf der Zeughaushausmesse war in diesem Jahr durchaus positiv, im Gegensatz zum vergangen Jahr. Es gab interessante Begegnungen, Kundengespräche, ein nettes kollegiales Miteinander, und Verkäufe. Allerdings konnten nicht alle Kolleg:innen meine Meinung teilen; viele schienen um ihr altes Stammpublikum aus dem DHM zu bangen. Ich denke, dass zwar manche Stammkunden den “Umzug” nicht mitmachen, dafür aber ein neues - und jüngeres - Publikum vom Kühlhaus angesprochen wird. Mit guter Pressearbeit, Durchhaltevermögen und einer positiven Einstellung kann die “neue” Zeughausmesse im Kühlhaus noch besser werden als die alte.

Die Grassimesse im Grassimuseum Leipzig überzeugt jedes Jahr aufs neue mit einer starken Auswahl an qualitativ hochwertiger Gebrauchskunst, und vor allem mit der durchdachten Kuratierung (seit Beginn der Pandemie werden Aussteller:innen der Messe teilweise auch in der historischen Sammlung des Museums ausgestellt, dabei entsteht ein spannender Dialog zwischen zeitgenössischer Kunst und historischen Objekten). Alvaro stellte also hier aus, und ich assistierte. Er war, passend zu den Themen seiner Arbeit, in der Nördlichen Renaissance angesiedelt. Insgesamt waren diese Tage für uns ein beflügelndes und ermutigendes Messeerlebnis, denn wir konnten beobachten, wie viele Besucher:innen ernsthaft von Alvaros Schmuckstücken berührt waren.

Beutebild! Wieder zu Hause nach den Messen machte ich lange Herbstspaziergänge und streifte durch die Wälder. An einem besonders ereignisreichen Pilzsammeltag (begleitet von einem Freund, der erfahrener Pilzkenner ist) brachten wir so reiche Beute heim, dass ich mich zu diesem Jagdbild auf dem Küchentisch hinreißen ließ. Es folgten Pilz-Pasta-Saucen, Pilzrisottos und ein wild-waldig schmeckender Wintereintopf mit Rotweinsauce und Maronen. (P.S. Weiß jemand, wo in Bamberg man gutes Wild herbekommt? Für mich immer noch die ökologischste und sozial akzeptabelste Art, Fleisch zu essen.)

Manche Pilze, wie der hier links, sind einfach nur schön und nicht unbedingt für den Kochtopf gedacht. Als Muster-Sammlerin bleibt mein Auge immer an solchen Bildern hängen, ob bei Pflastersteinen, gestapelten Holzscheiten, Blättern, oder Pilzlamellen.

Inspiration für weitere Blätterfresser, die inzwischen zu einer über viele Jahre andauernden Serie geworden sind. Hier sind zwei Lebenswillen ineinander verzahnt: Ein kleines Knabberwesen auf der Suche nach Nahrung, und ein größeres Pflanzenwesen auf der Such nach Licht. Ein für unsere menschlichen Ohren stilles Drama, eine Geschichte von Geben und Nehmen und Überleben, vom Trotzen. Die Blätterfresser erzählen vom tödlichen Leben, vom lebendigen Sterben. Sie erinnern daran, dass nichts ewig ist, und doch alles immer wiederkehrt. Daran, dass auch wir Narben und Fraßspuren sammeln, die oft nur den Überlebenswillen anderer Wesen auf unseren Körpern und Seelen markieren. Der Herbst bleibt meine Lieblingsjahreszeit.

Übrige Zeit und Energie wird in kleine Verbesserungen des Ateliers gesteckt. Gerade rechtzeitig vor der dunklen Jahreszeit installierten wir eine neue Schaufensterbeleuchtung, sodass unsere Schmuckkreationen auch am Abend und bei Nacht im Schaufenster betrachtet werden können. Der Unterschied zum Schaufenster vorher ist gewaltig; das hell erleuchtete Fenster strahlt eine Lebensfreude aus, die wir alle in dieser Zeit so dringend brauchen.

Im November stellten wir die Arbeiten des Metallgestalters und Gold- und Silberschmiedemeisters Tim Udvardi-Lakos aus. Tim verbindet traditionelles Handwerk mit modernem Design, und zeigte Werke aus mehreren unterschiedlichen Kollektionen, die sich in ihrem Ausdruck und den verwendeten Techniken auffällig unterschieden. Die Stücke reichen von figurativer Skulptur (z.B. die mythologisch inspirierte Ghost-Kollektion) bis abstrakter Komposition (wie der Serie “Die Grenze zum Nichts”). Dabei liegt das Augenmerk immer auf dem Immateriellen hinter dem Objekt und seiner Wirkung auf den Menschen. Durch seine Stücke sucht er das Leben von Menschen zu bereichern und ihnen Begleiter für den Alltag an die Hand zu geben, die ihnen dabei helfen ihre Persönlichkeit auszudrücken.

Tim blieb während der gesamten Dauer der Ausstellung in Bamberg, baute sich sogar eine Pop-up-Werkbank bei uns im Atelier auf. Es sind kostbare Erinnerungen - das gemeinsame Arbeiten, lange Spaziergänge, ein reicher Gedankenaustausch, Kochabende und Begegnungen mit verschiedenen Besucher:innen. Tim stand zur Zeit der Ausstellung vor einer großen Lebensentscheidung - wie weiter, nach dem Master an der HAWK in Hildesheim? Inzwischen ist er in den Schwarzwald gezogen, wo er sich und seine Schmuck-Karriere in den kommenden Jahren weiter entwickeln wird.

Ausstellungseröffnung ZWISCHEN RÄUMEN mit Tim Udvardi-Lakos (vor der Granatapfel-Schaufensterscheibe im grünen Pulli).

Während Tims Ausstellung ergab sich die Gelegenheit, mit allen, die bis jetzt bei uns im Atelier NONNE 11 ausstellten oder ein Projekt umsetzten, gemeinsam essen zu gehen. Aus dem vergangenen Jahr sind noch die Bamberger Künstler Rosa Gies und Gabriel Tarmassi dabei, die Flechtkunst und Holzobjekte als Teil einer dreiteiligen Winterausstellung im Dezember 2021 bei uns ausgestellt haben. Lars Kanter, ebenfalls bei der Winterausstellung 2021 mit dabei, ist hier zum Zeitpunkt der Bildaufnahme gerade noch im Anflug; sein Essen wird mittlerweile in der Mitte warm gehalten.

Wir beide, vor unseren Arbeitsplätzen im Atelier. Das Foto entstand für einen Artikel in der Lokalpresse: Moderne Alchemie im Atelier NONNE 11.

Dieses Jahr war vor allem ein Jahr des Ankommens. Das erste vollständige Jahr im Atelier NONNE 11, ein Jahr in dem sich das Kulturleben in Bamberg wieder räkelte und die Lethargie der Pandemie abzuschütteln versuchte. Es war ein Jahr der Begegnungen – so viele davon, dass ich mir Eselsbrücken bauen muss, um mir alle Namen und Gesichter zu merken. Ein Jahr des Angenommenwerdens, unter Nachbarn, neuen Freunden, der künstlerisch orientierten Community in Bamberg. Ein Jahr der Gespräche, der Ideen und inneren Entwicklungen. Und auch im privaten Bereich ein großes Ankommen und geerdet werden im Glück.

Ich kann also jetzt sagen, dass ich in Bamberg angekommen bin - und dass ich bleibe.

Frohe Weihnachten und ein innerlich reiches neues Jahr 2023 euch allen!

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